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Fristlose Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung durch den Arbeitnehmer

Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, jede ihm durch den Arbeitgeber zugewiesene Arbeit zu erbringen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die geforderte Arbeit dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann. Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, so trägt er jedoch das Risiko, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist. Eine unrechtmäßige Arbeitsverweigerung kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Einen solchen Fall hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 22.10.2015 (Az.: 2 AZR 569/14) entschieden.

Der Arbeitnehmer war als IT-Spezialist tätig. Im Herbst 2012 kam es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich, eine angeregte Beförderung und die Qualität seiner Arbeitsleistungen.
Der Arbeitnehmer fühlte sich nicht entsprechend seiner Fähigkeiten eingesetzt. In der Folge erhielt der Arbeitnehmer verschiedene Projekte, im Juni 2012 lehnte er dann ein Projekt ab. Der Arbeitnehmer teilte der Personalleitung mit, er fühle sich seelisch ausgebrannt und vermute, der Arbeitgeber habe gegen ihn eine „berufliche Entwicklungsblockade“ verhängt. Dies wirkte sich negativ auf seine Gesundheit aus. Er verlangt eine Freistellung von der Arbeit unter Fortleistung der Vergütung bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber reagierte hierauf zunächst nicht. Dann schrieb der Arbeitnehmer den Arbeitgeber an, er mache „ab dem 01.10.2012 von seinem Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 BGB Gebrauch“.
In der Folge erschien der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis nach mehrfacher einschlägiger Abmahnung wegen Nichterscheinens zur Arbeit außerordentlich fristlos. Eine Kündigungsschutzklage gegen diese außerordentliche Kündigung blieb ohne Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht stellte mit der Entscheidung klar, dass die beharrliche Weigerung, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, einen an sich geeigneten wichtigen Kündigungsgrund darstellt. Die Frage der tatsächlich bestehenden Arbeitspflicht sei nach objektiver Rechtslage zu bewerten. Der Arbeitnehmer trage daher auch das Risiko, dass ein Leistungsverweigerungsrecht nicht bestehe. Die Arbeitsleistung könne nur dann verweigert werden, wenn die Arbeit unzumutbar sei. Zwar habe der Arbeitnehmer vorgetragen, er fühle sich seelisch ausgebrannt und befürchte zu erkranken. Eine objektive Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers habe hingegen nicht vorgelegen. Auch mögliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen bestehen nach dem Vortrag der Parteien durch den Arbeitgeber nicht. Es bestehe vielmehr ein im Arbeitsverhältnis üblicher Konflikt durch unterschiedliche Auffassungen über die Qualität der Arbeitsleistungen und Arbeitsergebnisse des Arbeitnehmers. Zudem habe der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die angeregte Beförderung gehabt. Auch eine „Entwicklungsblockade“ sei nicht ersichtlich, da Angebote zur Fort- und Weiterbildung nicht wahrgenommen habe.

Der Arbeitnehmer habe es nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts versäumt, sich durch entsprechende rechtliche Beratung sachkundig zu machen, bevor er seine vermeintlichen Leistungsverweigerungsrechte geltend gemacht hat.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zeigt erneut, dass eine Arbeitsverweigerung als Druckmittel, um tatsächliche und vermeintliche Rechtspositionen im Arbeitsverhältnis durchzusetzen, zumindest nicht gefahrlos geeignet ist. Arbeitnehmern ist zu raten sich in einem solchen Fall rechtlich beraten zu lassen, um das Risiko ausreichend abschätzen zu können. Die Voraussetzungen für ein Leistungsverweigerungsrecht sind sehr hoch und bedürfen einer gründlichen Prüfung. Sollte ein Leistungsverweigerungsrecht nicht bestehen, so verliert der Arbeitnehmer durch die zu Unrecht erfolgte Arbeitsverweigerung nicht nur seinen Vergütungsanspruch, sondern riskiert einen eigenständigen Kündigungsgrund durch vertragswidriges Verhalten.