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Mietrecht VIII ZR 266-14

In der juristischen Literatur wird oft von der „ständigen“ Rechtsprechung des BGH gesprochen. Dass diese durchaus wandelbar ist – und keineswegs so konstant wie man vermutet – zeigt sich anhand der Entscheidung des für das Mietrecht zuständigen Senats vom 18.11.2015 (VIII ZR 266/14).

Bisher hat der BGH nämlich folgendes vertreten: Wenn die Fläche einer Wohnung um weniger als zehn Prozent von der vereinbarten Fläche abweicht, bleibt diese Flächenabweichung bei der Höhe der Miete unberücksichtigt. Mit anderen Worten: Ein Mangel der Mietsache lag nicht vor. Bei Mieterhöhungen war stets von der vertraglich vereinbarten Fläche auszugehen, d.h. bei tatsächlich kleinerer Fläche war gleichwohl als „Vervielfältiger“ die im Mietvertrag erwähnte Fläche zu Grunde zu legen. So konnte es dazu kommen, dass für Flächen, die überhaupt nicht existieren, Miete gezahlt werden muss und Miete erhöht werden kann. Zumindest letzteres bei Mieterhöhungen war stets von der vertraglich vereinbarten Fläche auszugehen, nicht von der tatsächlich vorhandenen Fläche.

Jetzt hat der BGH seine Rechtsprechung geändert. Zumindest bei Mieterhöhungen gilt jetzt die tatsächliche Wohnfläche – egal, welche Wohnungsgröße im Mietvertrag vereinbart ist, und egal, wie hoch die prozentuale Abweichung ist.

Bemerkenswert ist: Entschieden hat der BGH hier einen atypischen Fall. Während im Mietvertrag eine Wohnfläche von rund 157 m² genannt wurde, war die Wohnung tatsächlich über 210 m² groß.

Der Vermieter wollte die Miete um 15 Prozent erhöhen (also bis zur Kappungsgrenze) und zusätzlich die bisher nicht berücksichtigte Wohnfläche für eine Mieterhöhung nutzen.

Prinzipiell meint der BGH, sei das zwar möglich. Allerdings nur insgesamt bis zur Kappungsgrenze. Die neue „Gesamtmiete“ inklusive der vorher nicht berücksichtigten Flächen darf also nicht um mehr als 15 % in drei Jahren steigen.

Umgekehrt gilt dies natürlich auch: Ist die Wohnung kleiner, gilt auch diese kleinere Fläche als Vervielfältiger. Die Zeiten, in denen der Mieter Mieterhöhungen für Flächen hinnehmen muss, die ihm überhaupt nicht zur Verfügung stehen, sind damit also – fürs Erste – vorbei. Bis zur nächsten Änderung der Rechtsprechung.

Ob jetzt auch die Rechtsprechung zu Mietminderungen und Betriebskostenabrechnungen überholt ist, bleibt abzuwarten. Dort hat sich bisher die Abweichung der Fläche auch nicht ausgewirkt, wenn die Abweichung weniger als zehn Prozent beträgt.