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Ist die Zustimmung zur Mieterhöhung widerruflich?

Der Bundesgerichtshof hat am 17.10.2018 (VIII ZR 94/17) ein heftig umstrittenes Problem geklärt, das in Bestandsmietverhältnissen aufgetreten ist und durch eine gesetzgeberische „Fehlleistung“ entstanden war.
Worum ging es? Jeder Vermieter einer Wohnung hat die Möglichkeit, während des laufenden Mietverhältnisses die Miethöhe an das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete anzupassen. Mietverhältnisse laufen oft über Jahre oder sogar Jahrzehnte, so dass ein Anpassungsbedürfnis diesbezüglich schon wegen der Geldentwertung entstehen kann. Das Gesetz sieht in den §§ 558, 558a und 558b BGB eine genaue Regelung vor, wann und wie die Mieterhöhung verlangt und geltend gemacht werden kann.
Dem Mieter bleibt bei dem gesetzgeberisch vorgesehenen Procedere eine Zeit zur Prüfung des Mieterhöhungsverlangens von zwei Monaten, innerhalb dieser Zeit muss der Mieter entscheiden, ob er zustimmt oder nicht.
Durch die Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie durch den Bundesgesetzgeber in einer Weise, die über das verlangte Maß hinausging (nämlich eine Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften auch auf das Mietrecht vorsah) kam es nun dazu, dass nach dem gesetzgeberischen Wortlaut jedenfalls der unternehmerisch tätige Vermieter wie bei einem als „Fernabsatzgeschäft“ – also bei Kommunikation per Brief, Mail oder Telefon – bezeichneten Rechtsgeschäft dem Mieter einen Hinweis dazu erteilen musste, dass er seine einmal erklärte Zustimmung widerrufen kann, so wie man es zum Beispiel von Bestellungen im Internet kennt. Die bloße Verlängerung der „Bedenkzeit“ für den Mieter wäre sicherlich nicht problematisch gewesen, ob nun acht oder zehn Wochen Bedenkzeit bestehen, spielt in der Sache keine Rolle. Problematisch sind die Fälle, in denen die Zustimmungserklärung abgegeben wurde und vorher nicht über die Widerrufsmöglichkeit belehrt wurde. Dann beginnt die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts erst zu laufen, wenn die Belehrung erteilt wird, sodass theoretisch auch nach Jahren die Zustimmung widerrufen werden kann, der Vermieter an einer Zustimmungsklage durch Fristablauf gehindert wäre und eine eventuell überzahlte Miete erstattet werden müsste.
Der Bundesgerichtshof hat nun in der oben genannten Entscheidung ausgeführt, dass die Widerrufsmöglichkeit (und damit die Belehrungspflicht) nicht besteht, wenn es um die Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen geht. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass der gesetzgeberisch vorgesehene „Übereilungsschutz“ hier schon deshalb nicht einschlägig ist, weil der Mieter einerseits einen bereits lang ausgestalteten Prüfungszeitraum hat und andererseits den Vertragsgegenstand, nämlich seine Mietwohnung, auch schon seit geraumer Zeit kennt. Damit die Miete nämlich gemäß § 558 BGB überhaupt erhöht werden kann, muss das Mietverhältnis schon mindestens ein Jahr bestehen. Auch ist der Vermieter gezwungen, sein Verlangen umfassend entsprechend den mietrechtlichen Vorschriften zu begründen, sodass auch kein Informationsdefizit bei dem Mieter besteht.

Damit kann nach dieser Entscheidung auch der unternehmerisch tätige Vermieter weiterhin ein Zustimmungsverlangen in Textform übermitteln und der Mieter es unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Brief, Mail, Telefonat etc.) annehmen, ohne dass ein Widerrufsrecht besteht. Der Vermieter ist in derartigen Fällen auch nicht verpflichtet, mit seinem Mieterhöhungsverlangen eine Widerrufsbelehrung zu übersenden.