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Boardinghouse: Gute Wohnung, böse Wohnung?

Was steckt hinter dieser Wohnform und wie ist sie zu bewerten?

Der Trend zum temporären Wohnen nimmt zu. Kleine Wohnungen, die nur auf Zeit bewohnt werden, sind in Kommunen mit Industrieansiedlung gefragter denn je – insbesondere Geschäftsreisenden, Pendlern und Monteuren bietet das Wohnen auf Zeit auch ein Zuhause auf Zeit. Eigenmächtig sein eigenes Wohnungseigentum in ein solches Zuhause auf Zeit zu verwandeln, sollte gut überlegt und rechtlich vorberaten sein. Bei der (Um-)Nutzung von Wohnraum als sog. Boardinghouse gibt es Fallstricke, die das öffentliche Baurecht ungeahnt bereithält.

Boardinghouse als hotelähnliches Haus

Die Zimmer und Wohnungen, die das flexible und zeitlich begrenzte Wohnen ermöglichen, werden unter dem Begriff „Boardinghouse“ geführt. Auf der Internetseite des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DeHoGa) findet sich die Definition: „Das Boardinghouse (Serviced Apartment) ist ein Beherbergungsbetrieb, der sich meist an Langzeitnutzer in städtischer Umgebung wendet. Die Zimmer sind von ihrer Ausstattung her an privaten Wohnungen ausgerichtet. Der Service reicht von sehr geringem Angebot bis hin zu einem hotelmäßigen Roomservice.“

Das eigene Wohnungseigentum als Boardinghouse (um)nutzen?

Wer nun die einmal genehmigte baurechtliche Nutzung des Wohnungseigentums als Wohnhaus (eigenmächtig) ändern will, muss sich die Frage stellen, ob die neue Nutzung überhaupt von der vorhandenen Genehmigung umfasst ist. Denn nur eine einmal genehmigte baurechtliche Nutzung als Wohnhaus profitiert ohne Nutzungsänderung von einem Bestandsschutz.

Beispiel: Wenn Wohneinheiten neuerdings kurzzeitig vermietet werden sollen, bei denen zusätzliche Leistungen wie Reinigung, Wäsche waschen usw. angeboten werden, ohne, dass die Wohneinheiten als (beispielsweise) Hotel genehmigt sind, kann die Baugenehmigungsbehörde unter Umständen eingreifen.

Baugenehmigungsbehörde: Boardinghouse als „böse“ Wohnung

Mit Beschluss vom 26.07.2021, Az. 1 LA 58/21, hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg Stellung dazu bezogen, ob der wöchentlich fünftägige Aufenthalt von „Gästen“ in einem ursprünglich als Wohnhaus genehmigten Haus als Wohnnutzung zu werten ist. Dem Beschluss lag der Sachverhalt zugrunde, dass eine Baugenehmigungsbehörde einer Wohnungseigentümerin behördlich untersagt hat, ihre Wohnung zur kurzzeitigen Nutzung durch wechselnde Gäste zu vermieten. Die neue Nutzung sei nicht von der ursprünglichen Genehmigung des Wohnungseigentums als Wohnhaus umfasst. Das Nutzen als Boardinghouse sei keine Wohnnutzung und damit eine Nutzungsänderung. Die Zweckentfremdung sei baurechtlich illegal, da sie zunächst genehmigt werden müsse.
Die Wohnungseigentümerin hielt das Vorgehen der Baugenehmigungsbehörde für falsch und klagte. Die Nutzung eines Boardinghouses sei als reine Wohnnutzung zu werten. Es handele sich gerade nicht um eine wie von der Baugenehmigungsbehörde dargestellt „böse“ Wohnung, sondern um eine „gute“ Wohnung im Sinne eines (reinen) Wohnhauses.

Klarheit durch das OVG Lüneburg: Nutzung als Boardinghouse keine Wohnnutzung

Das OVG stellte klar: Die Nutzung einer Wohnung als Boardinghouse ist keine Wohnnutzung im rechtlichen Sinne. Eine Wohnnutzung erfordert eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit. Daran fehlt es bei einem Aufenthalt auf nur begrenzte Zeit von beispielsweise fünf Tagen pro Woche.

Konsequenz aus dem Beschluss des OVG Lüneburg

Wohnungseigentümer stehen damit wie so oft vor bürokratischen Hürden, wenn es um die Nutzung ihres eigenen Wohnungseigentums geht: Selbst, wenn sie das Wohnungseigentum nur wenige Tage die Woche vermieten wollen, stellt die Vermietung unter Umständen eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Der Gang zur Baugenehmigungsbehörde scheint unausweichlich.

Ob sich eine solche Nutzung mit der im vorhandenen Baugebiet vorhandenen Nutzung verträgt, bedarf dann einer entsprechenden Bewertung, die neuen Streit um die womöglich „böse Wohnung“ zwischen der Baugenehmigungsbehörde, dem Fachanwalt für Verwaltungsrecht und den Verwaltungsgerichten zu entfachen vermag.