Wandscher und Partner Navigation

Die Beweislast im Arzthaftungsprozess

In einem Arzthaftungsprozess stehen sich medizinische Laien und Ärzte gegenüber. Wer muss in dieser Konstellation was beweisen?

Die gerichtliche Ausgangssituation sieht in der Praxis regelmäßig so aus, dass auf der Klägerseite ein medizinscher Laie Ansprüche gegen einen Arzt, also einer medizinischen Fachperson, geltend macht. Grundsätzlich muss der Kläger in jedem Prozess jede für ihn günstige Tatsache darlegen und beweisen. In einem Arzthaftungsprozess muss der Patient als Kläger also beweisen,
- dass ein Behandlungsfehler passiert ist,
- dass der beklagte Arzt diesen Fehler zu verantworten hat,
- dass ein Schaden entstanden ist und
- dass gerade der Fehler des Arztes die Ursache für den Schaden war.
Somit muss der geschädigte Patient den vollen Nachweis aller Tatsachen erbringen, die für den Schadensersatzanspruch erforderlich sind. Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme, wenn ein sog. grober Behandlungsfehler vorliegt. Dies ergibt sich aus § 630h Abs. 5 BGB. Grob ist ein Behandlungsfehler dann, wenn er aus objektiver ärztlicher Sicht bei Anlegung des für einen Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabes nicht mehr verständlich und verantwortbar erscheint, weil
ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt aus dieser Sicht schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Die Einschätzung, ob ein Behandlungsfehler grob oder normal war, ist im Einzelfall sehr komplex. Im gerichtlichen Verfahren beauftragt das Gericht einen Sachverständigen, um einzuschätzen, ob zum einen überhaupt ein Behandlungsfehler vorliegt und um zum anderen einzuschätzen, ob der Fehler grob war oder nicht. Dem Sachverständigen wird dabei oftmals die vereinfachte Frage gestellt: „Darf so ein Fehler überhaupt passieren?“
Die Kategorisierung, ob ein Fehler als grob einzuschätzen ist, kann der Sachverständige nicht beantworten, da es sich hierbei um eine juristische Fragestellung handelt. Insoweit muss der Sachverständige gezielt dazu befragt werden, ob der Fehler überhaupt nachvollziehbar ist oder passieren darf.

Im Ergebnis kann die Einstufung des Behandlungsfehlers als grob im Resultat entscheidend für den Prozesserfolg sein. Aus diesem Grund empfiehlt es sich bei jedem vermuteten Behandlungsfehler anwaltlichen Rat einzuholen.