Fahrzeugdesinfektion nach einem Verkehrsunfall in Corona-Zeiten
Muss der Unfallverursacher die Kosten der Fahrzeugdesinfektion zahlen?
Sie sind mit seinem Auto unterwegs und plötzlich „knallt’s“: unverschuldet geraten Sie in einen Verkehrsunfall. Glücklicherweise bleibt es bei einem Blechschaden. Doch sobald der erste Schreck vorbei ist, stehen eine Menge organisatorische Dinge an: man muss einen Sachverständigen beauftragen, der den Schaden feststellt, im Anschluss daran das Fahrzeug reparieren lassen und man will selbstverständlich nicht auf Kosten sitzen bleiben. Vielleicht beauftragen Sie ja auch einen Rechtsanwalt, der sich um die Durchsetzung der einzelnen Schadenspositionen kümmern soll.
Denn selbst wenn der Versicherer des Unfallgegners schnell – und vollumfänglich – seine Einstandspflicht bestätigt, bedeutet das noch lange nicht, dass der Geschädigte die Reparaturkosten der Werkstatt vollständig erstattet bekommt: Seit einigen Monaten kürzen Haftpflichtversicherer einzelne Rechnungspositionen wie beispielsweise die Position „Fahrzeugdesinfektion“ oder „COVID-19-Maßnahmen“. – Zu Recht?
Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte eines Verkehrsunfalles so zu stellen, wie er ohne den Unfall stünde: Ohne Unfall hätte das Fahrzeug nicht repariert und infolgedessen auch nicht desinfiziert werden müssen. – Eine Einschränkung macht der Gesetzgeber jedoch insoweit, als dass nur solche Kosten vom Unfallgegner bzw. dessen Versicherer erstattet werden müssen, die „erforderlich“ sind.
Gesetzliche Vorgaben, die eine Fahrzeugdesinfektion bei der Reparatur eines Fahrzeugs vorschreiben, gibt es nicht. Jeden Arbeitgeber trifft allerdings eine Fürsorgepflicht für seine Beschäftigten; er hat für das Wohl seiner Angestellten zu sorgen. – Die Desinfektionsmaßnahmen dienen sowohl dem Schutz der Werkstattmitarbeiter als auch dem des Geschädigten. Die Corona-Pandemie, behördliche sowie arbeitsrechtliche Vorgaben machen besondere Schutzmaßnahmen sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht erforderlich. – Kürzungen bei pandemiebedingten Mehrkosten sollte also kein Geschädigter eines Verkehrsunfalles akzeptieren!
Gerichtliche Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit pandemiebedingter Desinfektionskosten liegen bislang noch nicht vor. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung dazu entwickelt.
Bis dahin sollte jeder Geschädigter eines Verkehrsunfalles stets darauf achten, dass die Kosten für Hygienemaßnahmen vom Sachverständigen in die Schadenberechnung einbezogen werden. Denn Grundlage der Schadenabrechnung ist zunächst dessen Gutachten.
Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt! Der kümmert sich dann um das Beziffern und Durchsetzen der Ansprüche. Und: Ihr Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer muss zusätzlich auch noch die Kosten für die Beauftragung des Rechtsanwalts zahlen.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn Sie mit Ihrem Unternehmen ständig mit der Abwicklung von Verkehrsunfällen betraut sind und sich mit dem notwendigen Fachwissen vollständig um die Abwicklung von Unfällen kümmern. – Dann müssen Sie es nach wie vor selber machen, weil die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts in diesem Fall nicht zweckmäßig ist!