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Ganz besonderes Sondereigentum an Stellplätzen nach dem Wohnungseigentumsgesetz

Duplex- und Palettenparker novellieren das Eigentumsrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 7. März 2024 (V ZB 46/23) eine tiefgreifende Entscheidung bezüglich der Sondereigentumsfähigkeit von Stellplätzen in sogenannten Duplexparkern und Parkpalettensystemen getroffen.

Duplex…Was?
Nein, bei Duplexparkern, auch Doppelparker genannt, handelt es sich nicht um den juristi-schen Fachbegriff für Fahrzeuge, die aufgrund mangelnder Fähigkeiten ihres Fahrers zwei Stellplätze gleichzeitig belegen. Gemeint ist eine Hebebühnenkonstruktion, mit deren Hilfe in Parkhäusern auf der Breite eines Stellplatzes zwei Fahrzeuge untergebracht werden können, indem diese übereinandergestapelt werden. Eine Parkpalette wiederum ist eine Einrichtung, mit dem das darauf geparkte Fahrzeug kurzzeitig zur Seite geschoben werden kann, um den Zugang zu dahinter liegenden „gefangenen“ Stellplätzen freizumachen.

Schwebende Stellplätze, schwebende Rechtslage
Lange Zeit war umstritten, ob bei Duplexparkern an jedem der beiden Stellplätze, bzw. bei Palettensystemen überhaupt, sogenanntes Sondereigentum begründet werden kann. Son¬dereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) – also Wohnungseigentum (Wohnräume) oder Teileigentum (nicht zu Wohnen geeignete Räume) – setzt immer einen eigenen eindeutig definierten Raum voraus. Das ist kein Problem bei einzelnen Garagen, aber eine Herausforderung bei Tiefgaragenstellplätzen. Denn dort sind die einzelnen Stell¬plätze meist nicht durch Wände voneinander abgegrenzt. In seiner alten Fassung hat des WEG sich damit beholfen, dass es Bodenmarkierungen zur eindeutigen Abgrenzung der Tiefgaragenstellplätze genügen ließ. Allerdings wurde dadurch lediglich die sogenannte Abgeschlossenheit des jeweiligen Tiefgaragenstellplatzes fingiert. Über der so definierten Grundfläche befindet sich ein ungeteilter Raum. Bei einem Duplexparker teilen sich aber zwei Stellplätze den (Luft-)Raum über der Grundfläche. Ein Raum, zwei Sondereigentume, ein Dilemma.
Eine Parkpalette wiederum zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie sich noch nicht einmal einem festen Ort zuordnen lässt.

Reform des WEG
Der BGH hat nun entschieden, dass diejenigen Recht hatten, die schon immer wussten, dass nach dem alten Recht Sondereigentum an Duplex- oder Palettenparkern eben nicht begründet werden konnte. Seit der letzten großen Reform des WEG Ende 2020 sei aber, so der BGH, alles anders. Nach der neuen Gesetzeslage fingiert das Gesetz für Stellplätze nicht mehr nur die Abgeschlossenheit eines Raums oberhalb der Grenzmarkierung, sondern es fingiert den Raum als solchen. Dies mache den Weg frei für bewegliche Stellplätze, sowohl in der Vertikalen (Doppelparker) als auch in der Horizontalen (Palettenparker). Denn nun kann die – bewegliche – Plattform, auf der ein Fahrzeug abgestellt wird, als eigener Raum definiert werden.
Das wiederum bedeutet nichts weniger als die Schaffung „mobilen Immobliareigentums“ und damit scheinbar den Verlust einer weiteren Lebensgewissheit: Immobilien sind nun also nicht mehr so ganz gleichbedeutend mit unbeweglich. Damit aber hat der BGH ausdrücklich kein Problem. Und bei genauem Hinsehen bleiben Immobilien selbstverständlich ausnahmslos ortsgebunden. Sondereigentum kann weiterhin ausschließlich nur an eindeutig definierten und dem Eigentümer zur alleinigen Nutzung zugewiesenen Stellplätzen begründet werden. Zu definieren sind dabei nicht nur die Grenzen des jeweiligen Stellplatzes, sondern auch die Grenzen, in denen sich dieser Stellplatz gegebenenfalls bewegen kann. Ein Palettenparkplatz beispielsweise, den man frei herum- oder gar aus dem Parkhaus hinausschieben könnte, ist nicht sondereigentumsfähig.

Bedeutung für die Praxis
Die Anwendbarkeit der durch den Bundesgerichtshof abgesegneten Möglichkeiten zur Bildung von Sondereigentum an Doppel- bzw. Palettenparkern ist durchaus nicht nur mondänen Geschäftsbauten in hochkonzentriert bebauten Innenstädten vorbehalten. Auch in profaneren Umgebungen kann sie Optionen aufzeigen, stets raren Parkraum zu beschaffen und eigentumsrechtlich zu sichern. So wie sich bei der Prüfung der Bebaubarkeit von Grundstücken ohnehin stets ein Blick in die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes lohnt, bspw. wenn eigentlich genügend Platz für eine Hinterbebauung wäre, aber das Grundstück aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht geteilt werden kann.