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Rechnung „bezahlt“ oder „nicht bezahlt“. – Kommt es darauf an?

Zur Indizwirkung einer bezahlten Rechnung

Der Geschädigte verunfallt mit seinem Fahrzeug unverschuldet. Er beauftragt einen Sachverständigen, die Höhe des unfallbedingt entstandenen Schadens festzustellen und erteilt nach Erhalt des Sachverständigengutachtens der Werkstatt einen Reparaturauftrag. Wenn der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners die Sachverständigenkosten nicht vollständig zahlt und einen sog. Prüfbericht zur Reparaturkostenrechnung erstellen lässt, ist der Geschädigte häufig schnell verärgert. Die gegnerische Haftpflichtversicherung kürzt einzelne Rechnungspositionen, weil sie meint, die Positionen seien nicht erforderlich, um den unfallbedingt entstanden zu beheben. Der Geschädigte muss deshalb – wenn er den Schaden nicht selbst tragen will – die Differenz einklagen und beweisen, dass die Aufwendungen im Sinne des Gesetzes erforderlich gewesen waren.
Macht es dabei einen Unterschied, ob der Geschädigte die Rechnung zuvor bezahlt hat?
Ja, macht es!
Zur Indizwirkung einer bezahlten Rechnung hat der BGH schon mehrfach geurteilt (z.B. BGH, Urt. v. 19.07.2016 – VI ZR 491/15; BGH, Urt. v. 28.02.2017 – VI ZR 76/16 -; BGH Urt. v. 05.06.2018 – VI ZR 171/16):
Auftrag, Honorarvereinbarung, Rechnung selbst bezahlen
Mit den Sachverständigenkosten hat es begonnen: Viele Versicherer zahlen die Honorare nicht vollständig, dem Geschädigten ist ein Prozess lästig – er zahlt die Differenz selbst und ärgert sich. Das geht deutlich besser: Wer (1.) einen Sachverständigen beauftragt, (2.) mit ihm das Honorar vereinbart (sollte auf dem Auftragsformular stehen) und dann (3.) die Rechnung vollständig bezahlt, hat einen entscheidenden Vorteil:
Beweislastumkehr zu Lasten der Versicherung
Wenn jetzt die Versicherung nicht zahlt, dann muss im Prozess die Versicherung beweisen, dass das Honorar der Höhe nach nicht erforderlich gewesen ist. Jegliche Zweifel gehen dann zu Lasten der Versicherung und nicht zu Lasten des Geschädigten. Zudem: derjenige, der etwas nachzuweisen hat, muss an das Gericht den Kostenvorschuss für eine Beweisaufnahme verauslagen. Holt das Gericht ein Gutachten ein, sind das schon mal 1.000-2.000 EUR! Zahlt man selbst den Sachverständigen nicht, trägt man diese Vorschusslast; zahlt man die Sachverständigenkostenrechnung gleich und ganz, dann ist man davon befreit.
Und so ist es mittlerweile mit allen Rechnungen: egal, ob Reparatur-, Mietwagen oder Abschleppkostenrechnung: Preisvereinbarung, Rechnung, selbst bezahlen: Beweislastumkehr zu Lasten der Versicherung!
Nicht nur im Haftpflichtbereich, sondern auch im Kaskobereich
Am Rande: die enervierenden Rechnungskürzungen in der Kaskoversicherung erledigen sich so auch: wer seine Reparaturkostenrechnung nach selbst verschuldetem Unfall selbst bezahlt und selbst bei seiner Kasko einreicht, bekommt sie dann auch ohne Quengeleien erstattet!