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Kann ein Großkunde einer Werkstatt mit einer fiktiven Abrechnung eines Unfallschadens Geld verdienen?

Ein großes international tätiges Autovermietungsunternehmen hat die Kraftfahrthaftpflichtversicherung ihres Unfallgegners wegen restlichen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch genommen. Die Beklagte ist für die unfallbedingt entstandenen Schäden zu 100 % eintrittspflichtig.

Die Klägerin hat den Reparaturschaden fiktiv – also auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens – abgerechnet. Die Beklagte hatte einen Großteil des geltend gemachten Schadens außergerichtlich reguliert, nicht aber den Teil der fiktiven Reparaturkosten, der auf sog. UPE-Aufschläge, einen Kleinteilaufschlag und einen Teil der Lackmaterialkosten entfallen wäre. Sie hatte ihre Auffassung damit begründet, dass die Klägerin als großes Autovermietungsunternehmen bei Reparaturen Großkundenrabatte erhielte und diese Aufschläge und Kosten deshalb tatsächlich nicht anfielen. Einen Großkundenrabatt müsse sich die Geschädigte deshalb auch bei fiktiver Abrechnung anrechnen lassen.

Ist das denn tatsächlich so?

Der bei einem Verkehrsunfall Geschädigte hat grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten. Und das unabhängig davon, ob er das Fahrzeug vollständig, notdürftig oder gar nicht reparieren lässt.

Statt der (Wieder-)Herstellung – also statt der Reparatur – kann er den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Erforderlich ist dabei das, was ein verständiger, wirtschaftlich denkender Eigentümer in der Lage des Geschädigten aufgewendet hätte. Dabei sind jedoch auch individuelle Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung nimmt also eine sog. „subjektbezogene Schadensbetrachtung“ vor.

Und was bedeutet das?

Sind die Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten beschränkt, wirkt sich das für ihn nur günstig aus. Verfügt aber der Geschädigte über eine besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile, so wirken sich diese Faktoren wiederum zu Gunsten des Schädigers aus.

Sind dem Geschädigten von markengebundenen Fachwerkstätten auf dem regionalen Markt Großkundenrabatte für Reparaturen eingeräumt, die er auch für die Reparatur des Unfallschadens in Anspruch nehmen kann, ist dieser Umstand zu berücksichtigen.

„Verdienen“ darf der Geschädigte an dem Schadenfall nicht. Er soll lediglich so gestellt werden, wie er ohne den Unfall gestanden hätte.

Also: Geld verdienen kann ein Großkunde einer Werkstatt bei der fiktiven Abrechnung nicht!