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Rassistische Äußerungen auf dem eigenen Social-Media-Account – Fristlose Kündigung?

Volksverhetzende und Beleidigende Äußerungen auf dem privaten Social-Media-Account des Arbeitnehmers können eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Grundsätzlich führen rassistische Beleidigungen und/oder Äußerungen, die ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit tätigt, nicht zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Denn was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit macht, geht den Arbeitgeber zunächst einmal nichts an.
Dieser Grundsatz gilt jedoch unter Umständen dann nicht mehr, wenn das Freizeitverhalten die persönliche Eignung des Arbeitnehmers in Frage stellt. In einem solchen Fall kann eine (fristlose) Kündigung aus personenbedingten Gründen möglich sein (so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer Entscheidung vom 06.09.2012, AZR 372/11).
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht allerdings zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden und einen fristlosen Kündigungsgrund abgelehnt.
BAG, Urteil vom 27.06.2019, 2 AZR 28/19
Der Arbeitnehmer hatte auf Facebook unter seinem Namen muslimische Zuwanderer u.a. als „Brut“ bezeichnet und andere Diskussionsteilnehmer als „Hohlfrosch“, „Scheißlappen“ und „Nazipack“. Die Aussagen waren öffentlich auf seinem Account einsehbar, enthielten aber keinen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers, der beim Landeskriminalamt (LKA) im IT-Dauerdienst beschäftigt war.
Der Arbeitgeber kündigte nach Anhörung des Personarats außerordentlich und fristlos. Zum Zeitpunkt der Kündigung war der Arbeitnehmer 52 Jahre alt und bereits mehr als 17 Jahre beim LKA beschäftigt. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und hatte damit vor dem Arbeitsgericht Erfurt auch Erfolg (Urteil vom 25.08.2017, 8 Ca 739/1). Der Arbeitgeber zog in die Berufungsinstanz vor das Landesarbeitsgericht Thüringen. Das LAG Thüringen wies die Berufung zurück und gab dem Arbeitsnehmer ebenfalls recht (Urteil vom 14.11.2018, 6 Sa 204/18).
Abmahnung als milderes Mittel
Auch in Erfurt vor dem BAG zog der Arbeitgeber den Kürzeren, denn die erforderliche Interessenabwägung des LAG war ordnungsgemäß, so das BAG. Das BAG wies daraufhin, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit anderen, weniger sicherheitsrelevanten, Aufgaben hätte beschäftigen können. Zudem sei eine Abmahnung als milderes Mittel zur Kündigung ausgereicht gewesen (so auch die Vorinstanz: LAG Thüringen, Urteil vom 14.11.2018, 6 Sa 204/18, S.17). Damit war die außerordentliche fristlose Kündigung, auch unter Berücksichtigung des Lebensal¬ters des Arbeitnehmers und seiner langen Beschäftigungsdauer unverhätltnismäßig.
Fazit: Das Internet und insbesondere auch private Socialmedia-Accounts sind kein rechtsfreier Raum. Rassitische Äußerungen und/oder Beleidigungen in sozialen Medien können nicht nur strafrechtliche, sondern auch arbeitsrechtliche Folgen bis hin zur (außerordentlichen) Kündigung haben. Hätte das Arbeitgeber hier im Streitfall nicht die Möglichkeit einer vorübergehenden Beschäftigung mit anderen, weniger sicherheitsrelevanten Aufgaben gehabt, wäre die außerordentliche Kündigung wohl rechtswirksam gewesen.