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Unfallflucht-Wann zahlt der Vollkaskoversicherer?

Versicherungsrecht

Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers kann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen

Das OLG Saarbrücken hatte mit Urteil vom 12.2.2025 (5 U 42/24) darüber zu entscheiden, ob der Vollkaskoversicherer nach einer Unfallflucht des Versicherungsnehmers eintrittspflichtig ist.
Der Versicherungsnehmer fuhr mit seinem Fahrzeug am 2.4.2022 gegen 3 Uhr morgens in einen Kreisverkehr und kollidierte mit einer dort in der Mitte befindlichen Straßenlaterne. Hierdurch wurden das Fahrzeug des Versicherungsnehmers und die Laterne beschädigt. Er verließ daraufhin die Unfallstelle und meldete den Schaden am 2.4.2022 telefonisch um 8:00 Uhr seinem Versicherungsmakler. Die Polizei informierte er erst am 4.4.2022 um 18:23 Uhr.

Aufklärungsobliegenheit

In den Versicherungsbedingungen des Vertrages war vorgesehen, dass der Versicherungsnehmer im Rahmen seiner Aufklärungspflicht verpflichtet ist, alles zu tun, was zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Klarstellend sahen die Bedingungen vor, dass der Versicherungsnehmer insbesondere den Unfallort nicht verlassen darf, ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen oder die dabei erforderliche Wartezeit zu beachten; ist die erforderliche Wartezeit abgelaufen oder hat sich der Versicherungsnehmer berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt, muss er die Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglichen (Unfallflucht nach § 142 Strafgesetzbuch).

Das OLG Saarbrücken hat entschieden, dass der Versicherungsnehmer nach Verlassen der Unfallstelle zumindest nicht rechtzeitig die gebotenen Feststellungen nachträglich ermöglicht hat, da er die Polizei erst mehr als 2 Tage nach dem Unfall und damit nicht mehr unverzüglich informiert hat. Auch die Meldung bei dem Versicherungsmakler sei nicht ausreichend, da der Versicherungsnehmer hiermit nicht den Versicherer informiert habe. Der Makler sei anders als der Agent grundsätzlich nicht zum Empfang solcher für den Versicherer bestimmten Erklärungen oder Anzeigen ermächtigt und insoweit auch nicht dessen Wissensvertreter.

Der Versicherungsnehmer hatte daher die vertragliche Aufklärungsobliegenheit verletzt.

Arglist

Der Versicherer muss aber grundsätzlich dennoch Versicherungsleistungen erbringen, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit weder für die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich gewesen wäre. Dem Versicherungsnehmer ist es jedoch dann verwehrt sich auf diesen Kausalitätsgegenbeweis zu berufen, wenn er die Obliegenheit arglistig verletzt hat. Eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Das Gericht hat hier Arglist bejaht, da der Versicherungsnehmer seine Obliegenheiten bewusst dadurch verletzt hat, dass er nach dem Verlassen der Unfallstelle Feststellungen durch Dritte verhindert hat, um dem Versicherer die Möglichkeit zu vereiteln, auf diese Weise Erkenntnisse zum Unfallhergang und zu einem den Versicherungsschutz gefährdenden Fahrfehler zu erlangen.

Der Versicherer musste daher keine Versicherungsleistungen erbringen.