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Unwirksame Schönheitsreparaturklausel – Muss der Mieter bezahlen?

Mietrecht: Verwerfungen durch die Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen

Obwohl sicherlich allerorts angenommen wurde, dass durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu der Unwirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln aus dem Jahr 2015 alle Fragen geklärt seien, schafft es die Rechtsprechung doch immer wieder, neue Fragen aufzuwerfen. Ein praktisches Problem stellt sich durch zwei Entscheidungen des BGH aus Juli 2020.
Schönheitsreparaturklausel unwirksam
Zur Erinnerung: im März 2015 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Vermieter die Schönheitsreparaturen nicht mehr durch Formularklausel auf den Mieter übertragen kann, wenn die Mietsache bei Vertragsbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist, es sei denn, dem Mieter wäre ein angemessener Ausgleich – z.B. ein Mietnachlass – dafür geleistet worden.
Wenn eine solche Klausel unwirksam ist, tritt der gesetzliche Regelfall ein, das heißt, der Vermieter hat die Schönheitsreparaturen vorzunehmen. So war es auch im hiesigen Fall.
Vermieter muss renovieren
Allerdings hat der Bundesgerichtshof am 08.07.2020 in zwei Entscheidungen folgendes festgestellt: solange bei Vertragsbeginn eine unrenovierte Wohnung vorlag, ist dieser Zustand der „Sollzustand“ der Wohnung, selbst wenn die Parteien eine (unwirksame) Schönheitsreparaturklausel vereinbart haben. Das heißt aber auch: wenn der Vermieter Renovierungen vornimmt, müsste er eigentlich nur soweit renovieren, bis wieder derselbe Zustand vorliegt, der bei Vertragsbeginn vorlag und damit vertragsgerecht ist. Das ist in der Regel aber unpraktikabel, weil jede Renovierung zu einer „frisch renovierten“ Wohnung führt. Dadurch erhalte der Mieter eine Wohnung, deren Dekorationszustand über dem vertraglich geschuldeten Niveau liege. Daher sei es angemessen, dass der Mieter sich an den Kosten beteiligt, wobei nach dem Bundesgerichtshof eine hälftige Kostenbeteiligung angemessen sei (BGH NZM 2020, 704 Rn. 45).
Mieter muss (auch) bezahlen
Diese Rechtsprechung hat natürlich Folgen, denn sie führt bei konsequenter Anwendung zu bemerkenswerten Ergebnissen: Wenn der Vermieter nach Auszug des alten Mieters renoviert hätte, damit er eine wirksame Schönheitsreparaturklausel vereinbaren kann, müsste er die Kosten für die Renovierung selbst und allein zahlen. Nimmt er eine unwirksame Klausel in den Vertrag auf, muss er zwar (auch) renovieren, bekommt aber die Hälfte der Kosten erstattet.
Konsequenterweise wird diese hälftige Kostenbeteiligung immer bestehen bleiben, denn jedes Mal, wenn der Vermieter renoviert, führt er einen Zustand herbei, der besser ist, als geschuldet.
Als Fazit lässt sich daher derzeit nur festhalten: aus Vermietersicht ist die „Tür“ zu einer Kostenbeteiligung der Mieter an den Schönheitsreparaturen wieder ein Stück aufgegangen. Es bleibt abzuwarten, wie lange dies so bleibt.