Wann eine Trennung eine Trennung ist
Die Voraussetzungen an das Getrenntleben im Sinne des § 1567 BGB
Der Zeitpunkt der Trennung ist zwischen Ehegatten nicht selten streitig. Erfolgte die Trennung bereits durch das Schlafen in getrennten Räumen oder doch erst durch den Auszug des Ehegatten aus dem Haus? Diese Frage hatte kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt zu entscheiden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. März 2024, Az. 1 UF 160/23).
Die Relevanz des Trennungszeitpunkts
Die Festlegung eines taggenauen Trennungszeitpunktes ist im Familienrecht an mehreren Stellen relevant, zum Beispiel für die Scheidung. Denn eine Ehe kann erst dann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Das Scheitern der Ehe wird mit dem Ablauf des Trennungsjahres vermutet, spätestens nach einem dreijährigen Getrenntleben (§ 1566 BGB). Auch für den Zugewinnausgleich ist der Trennungszeitpunkt relevant, denn die Ehegatten haben einander Auskunft über ihr Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung zu erteilen (§ 1379 BGB). Die Frage, ob überhaupt ein Getrenntleben der Ehegatten vorliegt, stellt sich zum Beispiel beim Trennungsunterhalt oder bei der gerichtlichen Zuweisung der Ehewohnung.
Das Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft
§ 1567 Abs. 1 S. 1 BGB definiert, dass Ehegatten dann getrennt leben, wenn zwischen ihn keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.
Zieht ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung aus, besteht in der Regel unproblematisch keine häusliche Gemeinschaft mehr. Dass der Auszug eines der Ehegatten für die Trennung jedoch nicht unbedingt erforderlich ist, stellt § 1567 Abs. 1 S. 2 BGB klar: Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Es genügt daher, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt wohnen und schlafen, wenn also das Getrenntleben auch nach außen erkennbar wird. Gelegentliche gegenseitige Hilfeleistungen und Versorgungsleistungen füreinander ohne besondere Intensität und Regelmäßigkeit stehen dem Getrenntleben ebenso wenig entgegen, wie ein höfliches Miteinander oder gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern. Denn insbesondere bei gemeinsamen Kindern sind die Ehegatten zum Wohle ihrer Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet (§ 1684 Abs. 2 BGB).
Der Trennungswille
Neben dem Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaft ist ein feststellbarer Trennungswille erforderlich. Der Trennungswille kann durch eine entsprechende Äußerung oder durch ein für den anderen Ehegatten erkennbares Verhalten zum Ausdruck gebracht werden. Dem anderen Ehegatten muss unmissverständlich deutlich gemacht werden, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht weiterführen zu wollen. Die räumliche Trennung allein, beispielsweise aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen, erfüllt daher mangels Trennungswillen noch nicht die Voraussetzungen des Getrenntlebens.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt
In dem Fall des OLG Frankfurt lebten die Ehegatten noch in der ehelichen Wohnung, nutzten jedoch verschiedene Schlafstätten und Badezimmer. Mahlzeiten wurden zwar noch gemeinsam mit den Kindern eingenommen. Ein eheliches Leben in einer Weise, wie dieses vormals das eheliche Miteinander geprägt hatte, gab es allerdings nicht mehr.
Das OLG Frankfurt kam zu der Entscheidung, dass die Trennung nicht erst mit dem Auszug der Ehefrau aus dem gemeinsamen Haus vollzogen wurde, sondern spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ehefrau dem Ehemann per E-Mail mitgeteilt hat, sie sei „praktisch schon ausgezogen im Keller“ und es sei „für uns alle besser, wenn wir getrennt leben“. Mit ihrer E-Mail hatte die Ehefrau ihren subjektiven Trennungswillen geäußert und damit auch für einen objektiven Betrachter deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die häusliche Gemeinschaft ablehnt. Dass zum Wohle der Kinder noch gemeinsam gegessen wurde und auch gelegentliche Einkaufsaufträge oder Erledigungen füreinander erbracht wurden, führte nach Auffassung des OLG Frankfurt nicht zur Annahme einer häuslichen Gemeinschaft im Sinne eines ehelichen Zusammenlebens, sondern entspreche vielmehr der allgemeinen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft, wie sie auch außerhalb eines ehelichen Zusammenlebens nicht ungewöhnlich seien.
Letztlich kommt es auf den Einzelfall an, ob eine häusliche Gemeinschaft zu verneinen ist und ein Trennungswille erkennbar geäußert wurde. Aus der Entscheidung des OLG Frankfurt kann mitgenommen werden, dass die schriftliche Äußerung des Trennungswillens im Streitfall das Vorliegen jedenfalls des Trennungswillens gut begründen kann.