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Was hat der Geschädigte bei der Ermittlung des Restwertes zu beachten?

Unfallschaden

Sie verunfallen unverschuldet. Damit die gegnerische Versicherung den Schaden an Ihrem Fahrzeug ersetzt, benötigen Sie ein Gutachten. Der Sachverständige ermittelt den sogenannten Wiederbeschaffungswert Ihres Fahrzeuges (also den Wert ihres Fahrzeuges in der logischen Sekunde vor dem Unfall), die Wertminderung, den Restwert und die erforderlichen Reparaturkosten. Doch Obacht: Je nachdem, ob Sie als Geschädigter mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen gewerblich befasst sind oder nicht, hat der Sachverständige die drei erforderlichen Restwertangebote in seinem Gutachten unterschiedlich zu ermitteln. Das hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2019 (BGH, Entscheidung vom 25.06.2019 – VI ZR 358/18) entschieden.

Bei den nicht gewerblich mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen befassten Geschädigten muss der Sachverständige drei Restwertangebote des lokalen Marktes ermitteln. Der Grund ist, dass der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug bei einer Ersatzbeschaffung beim örtlichen Handel in Zahlung geben können muss.

Etwas anderes gilt, wenn sich die Geschädigte (in der Regel ein Unternehmen) jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen befasst. In diesen Fällen ist dem Geschädigten die Inanspruchnahme des Restwertmarktes im Internet und die Berücksichtigung dort abgegebener Kaufangebote des überregionalen Marktes ohne weiteres zuzumuten. Der Sachverständige hat in diesem Fall drei Restwertangebote des überregionalen Marktes in seinem Gutachten einfließen zulassen. Auch hier ist der Grund einleuchtend: Der Geschädigte, der normalerweise nicht in Zahlung gibt (Autohändler tun das nicht), muss auch nicht dahingehend geschützt werden, dass er das verunfallte Fahrzeug im eigenen lokalen Umfeld in Zahlung geben kann.

So weit, so gut. Und was ist, wenn Sie als Geschädigter zwar nicht gewerblich mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen befasst sind, Ihr verunfalltes Fahrzeug allerdings geleast ist?

Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 02.07.2024 – VI ZR 211/22 entschieden:
Hier ist nämlich die Leasinggesellschaft und nicht Sie als Leasingnehmer Eigentümerin des verunfallten Fahrzeuges. Somit ist auf die Leasinggesellschaft bei der Ermittlung der Restwertangebote abzustellen – und nicht auf Sie als Privatperson. Leasinggesellschaften geben aber – genauso wie Autohändler – keine Autos in Zahlung. Bei der Ermittlung des Restwertes hat der Sachverständige das geleaste Fahrzeug also genauso zu behandeln, wie das eigene Fahrzeug eines Autohändlers: Bei den drei erforderlichen Restwertangeboten hat er den überregionalen Markt und den Internetmarkt zu berücksichtigen.
Was heißt das nun für Sie als Geschädigter?
Wären Sie mit Ihrem geleasten Fahrzeug verunfallt, achten Sie darauf, dass Ihr Sachverständige in dem Gutachten drei Restwertangebote des regionalen Marktes berücksichtigt hat. Denn hätte er es nicht und verkauften Sie (nach Rücksprache mit der Leasinggesellschaft) das verunfallte Fahrzeug zu dem im Gutachten ausgewiesenen Restwert und legte die gegnerische Versicherung ein erhöhtes Restwertangebot aus dem überregionalen Raum zugrunde, so blieben Sie auf der Differenz zwischen dem Restwertangebot des regionalen Marktes und des überregionalen Marktes zunächst sitzen. Es bliebe dann an Ihnen, sich mit Ihrem Sachverständigen auseinanderzusetzen. Im Ergebnis hätten Sie also noch mehr Arbeit durch einen Verkehrsunfall, den Sie nicht verursacht haben.