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WEG – Sanierung oder Abriss?

Kann die Gemeinschaft beschließen, ein unrentables Objekt verfallen zu lassen?

Auch wenn Immobilien derzeit als Investition sehr beliebt sind, gibt es durchaus solche, bei denen die Eigentümer keinen Ertrag aus der Bestandsimmobilie mehr erwarten. Gehört eine solche dann nicht einem Eigentümer allein, sondern handelt es sich um Eigentumswohnungen oder Teileigentum (also nicht zu Wohnzwecken dienende Räume), kann der einzelne nicht mehr nach belieben entscheiden, wie er damit verfährt.

Was war passiert?
In der Sache ging es um ein Parkhaus, das in Teileigentumseinheiten im Sinne des WEG unterteilt worden war. Das Gebäude ist über 40 Jahre alt und stark sanierungsbedürftig. Das Objekt hat elf Ebenen, von denen nur noch drei Ebenen genutzt werden, diese stehen im Eigentum eines einzelnen Eigentümers und sind vermietet. Die übrigen Ebenen sind seit Jahren außer Betrieb und verfallen. Das Bauordnungsamt hatte der Gemeinschaft auferlegt, Nachweise über die Einhaltung der brandschutztechnischen Mindestanforderungen zu erbringen. Daraufhin beschloss die Gemeinschaft mit entsprechender Mehrheit, dass die Benutzung (auch) der drei vermieteten Ebenen untersagt werde und der Eigentümer ggf. auf seine eigenen Kosten die vorhandenen brandschutztechnischen Mängel beseitigen solle, um die Nutzung wieder aufnehmen zu dürfen. Dagegen wehrt sich der betroffene Eigentümer.

Was hat der Bundesgerichtshof entschieden
Der Bundesgerichtshof kommt zu dem Schluss (V ZR 225/20 v. 15.10.2021), dass die Wohnungseigentümer die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einem Mehrheitsbeschluss aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht dauerhaft verbieten können, wenn auch das Sondereigentum infolge des Verbots nicht mehr genutzt werden kann.
Nutzungsverbot nur ausnahmsweise zulässig
Dabei führt der BGH aus, dass den Eigentümern grundsätzlich zwar das Recht zusteht, im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung ein auf das gemeinschaftliche Eigentum bezogenes Nutzungsverbot zum Zwecke der Gefahrenabwehr zu beschließen. Wenn dadurch aber – wie hier – das Sondereigentum ebenfalls in seiner Nutzbarkeit eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen wird, kann die Entscheidung nur „rechtmäßig“ sein, wenn ihr zwingende Gründe zu Grunde liegen und enge Grenzen eingehalten werden.

Verpflichtung zur Sanierung
Denn tatsächlich sind die Wohnungseigentümer verpflichtet, die Behebung gravierender baulicher Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums zu veranlassen, die eine Nutzung des Sondereigentums zu dem vereinbarten Zweck erheblich beeinträchtigen oder sogar ausschließen. Sie können sich nicht darauf berufen, dass ihnen die damit einhergehenden Kosten nicht zuzumuten seien.
Ein dauerhaftes Nutzungsverbot könne nur dann rechtmäßig sein, wenn eine Sanierungspflicht der WEG gemäß § 22 WEG ausgeschlossen wäre; dann müsste die Gefahrenabwehr durch Stilllegung des Gemeinschaftseigentums erfolgen. Der Bundesgerichtshof hat nun geklärt, dass die Sanierungspflichten der Wohnungseigentümer, die aus der Überalterung bzw. der mangelnden Instandhaltung des Gebäudes herrühren, durch die genannte Vorschrift nicht begrenzt werden.
Zerstört im Sinne von § 22 WEG sei ein Gebäude nur dann, wenn seine Nutzbarkeit durch punktuelle Ereignisse (wie Brand, Überflutung oder Explosion) wesentlich beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Ein Sanierungsstau sei kein solches punktuelles Ereignis.