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Wird das Umgangsrecht abgeschafft?

Im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) werden derzeit neue Pläne für eine Reform des Kindschaftsrechts entwickelt. Hauptgegenstand der Reform sollen ein „automatisches“ Sorgerecht für unverheiratete Väter und ein Umgangsrecht nur noch für Dritte sein.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hatte im April des letzten Jahres eine Arbeitsgruppe mit dem Thema „Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung“ eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe war mit acht im Bereich des Familienrechts tätigen Sachverständigen aus Rechtswissenschaft, Justiz und Anwaltschaft besetzt und hat jetzt ihre Ergebnisse in Form von 50 Thesen und Empfehlungen vorgelegt. Die wesentlichen Ergebnisse lauten nach der Pressemitteilung des BMJV wie folgt:
• Die elterliche Sorge soll den rechtlichen Eltern eines Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen. Das würde insbesondere heißen, dass bei nicht miteinander verheirateten Eltern nicht (wie bisher) nur die Mutter automatisch sorgeberechtigt ist, sondern (ab Vaterschaftsanerkennung oder Vaterschaftsfeststellung) auch der Vater.
• Die elterliche Sorge soll nicht mehr entzogen werden können. Elternkonflikte sollen durch Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge entschieden werden. Dies gilt insbesondere auch für die Betreuung des Kindes.
• Ein Umgangsrecht soll es nur noch für Dritte geben.
• Es soll kein gesetzliches Leitbild für ein bestimmtes Betreuungsmodell eingeführt werden. Vielmehr sollen alle Betreuungsformen bis hin zum Wechselmodell im Rahmen einer am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung angeordnet werden können. Einer Sonderregelung für das Wechselmodell bedarf es deshalb nicht. Das Wechselmodell kann, wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht, wie jede andere Betreuungsform auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden. Der Kindeswille soll insgesamt stärker berücksichtigt werden.
Von den dargestellten Ergebnissen wird sicher besonders das automatische Sorgerecht für nichteheliche Väter (wieder) kontrovers diskutiert werden. Kritiker hatten schon vor der Regelung des gemeinsamen Sorgerechts für nichteheliche Väter im Jahr 2013 im neu gefassten § 1626a BGB darauf hingewiesen, dass es Konstellationen gebe, in denen eine automatische gemeinsame elterliche Sorge mit der Geburt des Kindes nicht dem Kindeswohl entspreche (z.B. wenn das Kind einer Zufallsbegegnung entstammt).
Ein wichtiges Signal könnte es aber in der Tat sein, bekannte Begriffe im Kindschaftsrecht in einen neuen Zusammenhang zu stellen und ihnen auch eine neue Bedeutung zu geben. Es ist eine gute Idee der eingesetzten Arbeitsgruppe, von ihren Kindern getrennt lebende Eltern nicht mehr auf ein bloßes Umgangs- und damit Besuchsrecht zu verweisen. Dieses soll es nur noch für Dritte (Großeltern, Geschwister, leiblicher, aber nicht rechtlicher Vater, andere enge Bezugspersonen) geben. Mit dieser Änderung will die Arbeitsgruppe vor allem deutlich machen, dass die Betreuung des Kindes nicht mit der Trennung der Eltern endet. Im Falle eines Elternkonflikts würde das Gericht kein Umgangsrecht mehr definieren, sondern orientiert am Kindeswohl Betreuungszeiten und Betreuungsanteile festlegen. In diesem Zusammenhang wäre das Wechselmodell nichts „Besonderes“ und müsste daher auch nicht besonders geregelt werden.
Das BMJV wird die Ergebnisse der Arbeitsgruppe jetzt auswerten und in absehbarer Zeit einen Gesetzentwurf erarbeiten.