Zur Abgrenzung zwischen Baulast und Grunddienstbarkeit
Eine Baulast vermittelt keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Nutzung des belasteten Grundstücks
Der Bundesgerichtshof hatte erneut Gelegenheit, die rechtliche Einordnung von Baulasten im Verhältnis zu Grunddienstbarkeiten zu präzisieren (BGH, Urteil vom 27.06.2025, Az.: V ZR 150/24).
Der Fall
Der Beklagte hatte sein Grundstück in drei Flurstücke aufgeteilt und eines davon (Flurstück 179) mit einer Zufahrts- und Leitungsbaulast zugunsten des dahinterliegenden Flurstücks 180 belastet. Später wurde im Kaufvertrag über das belastete Grundstück ein dinglich zu sicherndes Wegerecht zugunsten zweier Parzellen vereinbart. Eine entsprechende Grunddienstbarkeit wurde jedoch nie ins Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangte von den Nachbarn, die Nutzung des Zufahrtswegs über ihr Grundstück zu unterlassen. Während das Landgericht der Klage stattgab, hob das Oberlandesgericht die Entscheidung auf und wies die Klage ab. Der BGH stellte nun klar, dass eine Baulast allein keine privatrechtliche Nutzungsbefugnis begründet.
Baulasten und Grunddienstbarkeiten
In seinem Urteil vom 30.06.2023 (V ZR 165/22) hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass aus einer Grunddienstbarkeit unter Umständen ein Anspruch auf Abgabe einer Baulasterklärung folgen kann. Im vorliegenden Fall ging es gewissermaßen um die umgekehrte Konstellation: Die Frage, ob aus einer bestehenden Baulast ein Anspruch auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit oder zumindest auf Duldung der Überwegung folgen kann.
Der Senat verneinte dies. Eine Baulast ist nach ständiger Rechtsprechung lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde. Sie vermittelt dem Begünstigten aber kein privatrechtliches Nutzungsrecht und verpflichtet den Eigentümer des belasteten Grundstücks nicht zur Duldung der Nutzung. Ein Wegerecht kann nur durch Grunddienstbarkeit, schuldrechtliche Vereinbarung oder als Notwegerecht (§ 917 BGB) entstehen.
Anspruch auf Nutzung bei Baulast?
Der BGH wies ausdrücklich die Auffassung zurück, wonach sich unter Umständen aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Duldungspflicht ergeben könnte. Zwar könne die Baubehörde die Erfüllung der Baulast verlangen, im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn sei aber allein maßgeblich, ob ein dingliches oder schuldrechtliches Nutzungsrecht vereinbart wurde.
Damit stellte der Senat klar: Die Existenz einer Baulast verhindert nicht, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Nutzung untersagen darf. Nur wenn ein Notwegrecht nach § 917 BGB gegeben ist oder eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen wurde, besteht ein Anspruch darauf, dass der Eigentümer Nutzung seines Grundstücks als Überwegung zu dulden hat.
Ergebnis
Das Urteil ist quasi als Gegenstück zur Entscheidung vom 30.06.2023 zu verstehen. Dort hatte der BGH unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Abgabe einer Baulasterklärung bei bestehender Grunddienstbarkeit bejaht. Im aktuellen Fall machte er deutlich, dass umgekehrt aus einer Baulast keine privatrechtliche Nutzungspflicht folgt.
Die Entscheidung bringt wichtige Klarheit: Baulasten sichern öffentlich-rechtlich die Erschließung, begründen aber keine zivilrechtlichen Ansprüche. Für Bauherren und Grundstückseigentümer bedeutet das, dass Nutzungsrechte stets durch eine im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit abgesichert werden müssen, wenn sie auch im Verhältnis zum Nachbarn Bestand haben sollen.