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Unfall

Darf der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug anmieten, wenn er einen Zweitwagen hat?

Gerade in der Herbstzeit kommt es zu mehr Unfällen im Straßenverkehr. Dies ist zum einen auf die kürzeren Tage und längeren Nächte und die damit einhergehende Dunkelheit zurückzuführen. Außerdem entsteht vor allem auf Straßenabschnitten im Schatten oder Wald eine erhöhte Rutschgefahr, weil dort der Asphalt auch tagsüber länger nass bleibt und sich auf feuchten Herbstblättern ein Schmierfilm bilden kann.

Mietwagen oder Nutzungsausfall

Bei einem fremdverschuldeten Autounfall hat der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers die Kosten für die Reparatur des Geschädigtenfahrzeuges zu erstatten. Der Geschädigte darf grundsätzlich für die Zeit der Reparatur einen Mietwagen nutzen. Wenn er auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet und stattdessen z. B. mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, muss der Versicherer Nutzungsausfall erstatten. Hierbei handelt es sich um eine tägliche Pauschale, deren Höhe sich nach der Fahrzeugkategorie des beschädigten Fahrzeuges richtet und für die Dauer der Reparatur des Fahrzeuges gezahlt wird.

Zweitwagen

Darf der Geschädigte aber auch dann ein Ersatzfahrzeug anmieten oder Nutzungsausfall verlangen, wenn er über einen Zweitwagen verfügt?
Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 11.10.2022 darüber zu entscheiden, ob der Geschädigte Nutzungsausfall erhält, wenn er zwar sein Fahrzeug Porsche Turbo S Cabriolet nicht nutzen kann, aber über einen Zweitwagen 3er-BMW Kombi verfügt. Der Geschädigte war der Auffassung, dass ihm die Nutzung des Zweitwagens nicht zumutbar sei, da von einer Gleichwertigkeit der Fahrzeuge nicht ausgegangen werden könne.

Zumutbarkeit

Das Gericht hat entschieden, dass Nutzungsausfall nur dann zuerkannt wird, wenn der Eigentümer sein Fahrzeug in der fraglichen Zeit benutzen wollte und hierzu in der Lage war. Darüber hinaus müsse die Entbehrung der Nutzung auch deshalb „fühlbar“ geworden sein, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Fahrzeuges für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte. An einem fühlbaren Nutzungsausfall fehle es, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar ist. Die Unzumutbarkeit der Nutzung des 3er BMWs lasse sich nicht mit dem Argument begründen, dass das Porsche Cabriolet eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfahre, weil ihm ein höheres Prestige zukomme, ein anderes Fahrgefühl vermittle oder den individuellen Genuss erhöhe. Die Gesichtspunkte entziehen sich einer vermögenrechtlichen Bewertung und betreffen nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung.

Da die Nutzung des Zeitwagens zumutbar war, konnte der Geschädigte keinen Nutzungsausfall durchsetzen.